Lieber Jo,

schade, dass Du bei unserem Regionaltreffen (Dresden, Cottbus, Berlin) vom 22. bis 24. November 2024 im Haus HohenEichen nicht dabei gewesen bist. Ich habe Dich und einige vertraute Gesichter vermisst. Immerhin haben sich 20 Leute zusammengefunden, um sich mit dem „verrückten“ Thema zu befassen. „Mut zum Verrücktsein“ hieß es genau.

Meine Teilnahme wurde auch dadurch befördert, dass Willi Lambert sich bereiterklärt hat, uns dabei zu begleiten. Er ist noch ganz der alte, nur mit etwas mehr Altersweisheit ausgestattet. Er kann sie auch gut bei seinen vielen altgedienten Mitbrüdern anzapfen.

Etwas verrückt ist auch, dass ausgerechnet ich einen Bericht über dieses Wochenende verfassen soll. Dabei mache ich es gar nicht gern. Mir liegt es nicht, mich so „geschniegelt und gebügelt“ auszudrücken.

Ich schreibe Dir lieber meine Eindrücke, da weiß ich, Du verstehst mich schon.

Die Struktur war alles andere als verrückt, ganz GCL-typisch: Impulsreferate, Zeit zur persönlichen Besinnung, Austausch in Gruppen, Tagesauswertung.

Am Anfang haben wir uns mit der Begrifflichkeit beschäftigt. „Verrückt“ im Sinne von „verrücken, verschieben“. Für mich bedeutet es auch: eine Veränderung des Bezugssystems, der Perspektive oder auch schon des Blickwinkels oder des Aufenthaltsortes.

Im Impulsreferat wurde auf den Artikel von Joachim Koffler „Verrücktheit wagen“ eingegangen. Dieser hatte auch die Verantwortlichen zur Wahl des Themas inspiriert. „Nicht alles beim Alten lassen, sondern Veränderung zu wagen, die zu mehr Leben führt“ – das sind die letzten Worte des Artikels, die mir sehr gefallen.

Zum anderen wurde das Schlusswort von Alexey Nawalny vor dem Moskauer Stadtgericht zitiert. Für viele war es sehr bedeutsam. Es ist schon verrückt, nach Russland zurückzukehren, wenn man genau weiß, dass man verurteilt wird.

Das Wort „verrückt“ habe ich übrigens in HohenEichen noch niemals so häufig gehört wie an diesem Wochenende.

In der Bibel kommt das Wort nur sehr selten vor. Da ist mehr von „Torheit“ und „Narrheit“ die Rede. Wir bekamen von Willi eine umfassende Zusammenstellung von Bibelstellen, in denen diese Worte vorkommen, z. B. 1 Kor 4,10: „Wir stehen als Toren da um Christi willen, ihr dagegen seid kluge Leute“.

Mir gefiel der Hinweis auf das Pfingstereignis Apg 2,1-13 am besten.

Beim Austausch über ganz persönliche Verrücktheiten wurde mir noch einmal die verrückte Zeit 1989/90 bewusst: Die Mauer war weg, unsere Bezugssysteme völlig verändert. Es war auch spannend zu hören, welche verrückten Situationen es im Leben der Einzelnen gegeben hat und wie sie damit umgegangen sind.

Wenn die Organisatoren im Stillen gehofft haben, dass wir hier eine verrückte Idee oder Aktion ausbrüten würden, um die GCL vor allem auch für jungen Menschen attraktiver zu machen, sind sie enttäuscht worden.

Vielleicht ist es Verrücktheit genug, wenn die kleine Gruppe in Chemnitz und wir als kleine Regionalgemeinschaft das europäische GCL-Treffen 2025 ausrichten. Am Ende der Tage wurde über die Vorbereitung berichtet.

Über den Stand kannst Du Dich im Internet informieren: chemnitz2025.gcl.de.

Was hältst Du davon, wenn wir für drei Tage (28. Mai – 1. Juni 2025) unseren Lebensmittelpunkt dahin verrücken? Ich würde mich freuen!

Beim Abschlussgottesdienst haben wir uns alle gegenseitig zugesprochen, dass wir ein Segen füreinander sind. Dazu hörten wir ein passendes Lied, und wir haben uns mit erhobenen Armen angeschaut. Das war schon beeindruckend. Vielleicht ist es besser, wenn wir GCLer dadurch auffallen, dass wir Segen für uns und die Welt sind, als durch allerlei Verrücktheiten.

Ganz herzliche verrückte Grüße von KarlKarl Vogt, Zittau